Never resign!

Never resign!

Am 01.04.2025 verabschiedete sich Wedel II durch eine 3-5 Niederlage gegen Altona II (vorerst) aus dem Aufstiegskampf. Wir können zumindest nicht mehr aus eigener Kraft den zum Aufstieg berechtigten zweiten Platz der Kreisliga B erreichen. Immerhin war es ein interessantes und an überraschenden Wendungen reiches Match. Bevor ich über das Match berichte, möchte ich einige Gedanken zum Aufgeben von Schachpartien mit Euch teilen, da es bei mindestens drei Partien des Matches eine Rolle spielte.

Eine Besonderheit beim Schach ist es, dass Partien nicht bis zum Matt zu Ende gespielt werden müssen. Vielmehr steht es jedem Spieler frei die Partie jederzeit aufzugeben. Es stellt sich die Frage, warum Mensch das tun sollte?Ein Grund ist wahrscheinlich, dass ein Spieler in schlechter oder sogar verlorener Stellung sich das Elend nicht bis zum Ende antun möchte. Ein weiterer Grund könnte Respekt vor dem Gegner sein. Hat dieser doch in der Regel gezeigt überlegen gespielt zu haben und es gibt eigentlich keinen Grund sich noch zeigen lassen zu wollen, dass dieser die Partie, z.B. mit einer Mehrfigur, gewinnen kann. Andererseits sind Menschen Fehleranfällig und es gibt keine Gewähr dafür, eine Mehrfigur nicht zurück zu patzen. Eine goldene Regel des US-amerikanischen Großmeisters und YouTubers Ben Finegold (https://de.wikipedia.org/wiki/Ben_Finegold) lautet deshalb auch „Never resign“. Auch der wahrscheinlich noch berühmteste Schach-YouTuber IM Levy Rozman, alias „Gotham Chess“, meint „Never, EVER Resign in Chess“ (https://youtu.be/pyIJXbbkiPo?si=QxdWgpWR4h747pXZ). Ich möchte nun allerdings nicht der „Never, EVER Resign“ Fraktion das Wort reden. Aus meiner Sicht ist es absolut überflüssig und für die eigene psychische Verfassung abträglich, komplett verlorene Partien bis zum bitteren Ende auszukosten. Richtig scheint es mir zu sein, Partien solange weiter zu spielen, bis auch die letzte Patrone verschossen ist. Das dieser Zeitpunkt schwer fest zu machen ist, zeigt u. a. die Partie der beiden Großmeister Giri vs. Shankland 2019, in der Shankland im Endspiel halluzinierte und ein remisiges Endspiel aufgab (https://en.chessbase.com/post/tata-steel-chess-2019-round-11).

Nun wird es aber wirklich Zeit zum Spielbericht zu kommen. Wir mussten auf Bob und Paddy verzichten, die dankenswerter Weise von Michael und Nico ersetzt wurden. Auch Altona II lief nicht in Bestbesetzung auf, trat aber mit acht Schächern an, so dass die Uhren pünktlich um 19:00 Uhr in Gang gesetzt wurden. Die Chronologie des Ereignisses bekomme ich nicht mehr so ganz hin, aber ich bin mir sicher, dass Alex die zweifelhafte Ehre hatte als erster aufgeben zu dürfen. Gegen unser ehemaliges Vereinsmitglied Jens spielend, war es dann an Raymond seine Partie nach Turmverlust aufzugeben, wobei die Partie vor allem durch Uhreneskapaden in Erinnerung bleiben wird. Raymond hat dankenswerter Weise seine „semi-erbauliche“ Partie (O-Ton Raymond) zum Nachspielen zur Verfügung gestellt:

Mir war es vorbehalten den Anschlusstreffer zu erzielen, in einer Partie die an eine Achterbahnfahrt erinnerte. Gut aus der Eröffnung gekommen, Geister gesehen, Stellung auf -4 runtergewirtschaftet, „petit combination“ (Jose Caplanca) gespielt, die eigentlich nur zum Dauerschach hätte führen sollen, Gegner findet den richtigen Zug nicht und gibt kurze Zeit später bei -3 auf. Ach, schaut Euch das Elend einfach selbst an:

Bernd erzählte mir nach der Partie, dass er eigentlich auch schon aufgeben wollte. Keine Ahnung, ob ihn Gotham-Chess, Ben Finegold oder einfach nur der Zwischenstand der Begegnung davon abhielten, sicher ist aber, dass er sich aus verlorener Stellung zurück kämpfte und noch ein Remis herausholte.

Damit stand es 1,5 – 2,5 und es spielten noch Peter, Kai, Michael und Nico. Mir stellten sich beim Blick auf die Bretter folgende Fragen: Würde Peter mit zwei Minusbauern, aber ungleichfarbigen Läufern noch ein Remis herausholen (Prognose: Eher nicht)? Würde Kai mit zwei Leichtfiguren (plus Mehrbauern?) gegen Turm siegen können (Prognose: Eher ja)? Warum kann ich persönlich die Stellungen von Michael nie einschätzen (Prognose: Ich habe keine Ahnung von Schach)? Last not least: Würde Nico seine Mehrfigur (T+S gegen T und jeweils noch ca. drei Bauern) zum Sieg verwerten können (Prognose: Mmm…schwierig? Und ohne Bauern sogar technisch unmöglich).

Meine Fragen wurden dann an den Brettern beantwortet. Peters Gegner spielte umsichtig, fand einen Pfad für seinen König und Peter gab zurecht auf. Es gab dort wirklich keine Hoffnung mehr, außer der, dass seinem Gegner der Himmel auf den Kopf fällt; was wir aber wirklich auch nicht wollten. Genau gesehen habe ich es nicht, aber etwas später musste Michael die Waffen strecken. Erfreulicher für uns war dann, dass Kai seine Partie gewann. Statt den ungedeckten gegnerischen Turm direkt zu schlagen erlaubte Kai sich noch die Eskapade eine zweizügige Kombination einzuflechten, um den Turm abzuholen, aber was soll es. Kai ist auf jeden Fall unser Top-Scorer mit nunmehr 4 aus 4 oder 100% wie der Volksmund sagt (Hint: Hallo Thorsten, wenn du mal Ersatz für die erste Mannschaft brauchst…). Die sehr saubere Partie von Kai lässt sich hier bestaunen:

Auf das Wesentlichste reduziert, lässt sich der Abend wie folgt zusammenfassen:

Wedel II vs. Altona II 3:5

  1. Brade vs. Hassinger 0,5-0,5
  2. Toepfer vs. Polimetla 1-0
  3. Stäß vs. Bormann 0-1
  4. Brakelmann vs. Emlinger 0-1
  5. Klinow vs. Kuhn 0-1
  6. Durchfeld vs. Schreiber 1-0
  7. Scheinplfug vs. Ketterer 0-1
  8. Jürgens vs. Schwarz 0,5-0,5

Nachdem wir uns mit dieser Niederlage aus dem Aufstiegskampf verabschiedet haben, können wir befreit den verbleibenden zwei Spielen gegen St. Pauli VIII und Union Eimsbüttel IV entgegensehen. Es geht um nichts mehr, außer darum, Spaß zu haben.