St.Pauli VI gegen Wedel I 2,5 zu 5,5 am 31.05.2022

Ich berichte über die dritte (nominell zweite) Runde der Hamburger Mannschaftsmeisterschaften, hier Bezirksliga D. Wir haben auswärts im St.Pauli Vereinsheim gespielt und die beiden Punkte mit einem Ergebnis von 5,5 zu 2,5 eingefahren. Sehr schön. Absteigen werden wir jedenfalls nicht mehr. Und es war ein sehr schöner Abend mit vielen interessanten Partien.
Die Königspartie war – wie es sich gehört – am ersten Brett, an dem Victor Lamzin mit Weiß gegen Oliver Link über fünf Stunden eine wilde Partie Englisch spielte. Oliver Link opferte in der Eröffnung den e-Bauern für schnelle Entwicklung und bekam sehr viel Druck. Victor in seinem unerschütterlichen Selbstbewusstsein meinte zwar er hätte überwiegend besser gestanden, und der Computer gibt ihm Recht, aber von außen sah die Stellung für mich doch teilweise bedrohlich aus. Victor ließ sich dann auf Damentausch ein und machte in Zeitnot einen falschen Königszug, der Vorteil war dahin und jetzt geriet er tatsächlich unter Druck. Sein eigener e-Bauer, der das Feld e2 während der ganzen 71 Züge nicht verlassen hatte (71. e3 war der letzte Zug!), wurde nun nachhaltig bedrängt. Victor fand sich dann zwanzig Züge in einer leicht schlechteren Stellung, bis sein Gegner öffnete, weil er nicht weiterkam und selbst gewinnen wollte. Victor bekam Gegenchancen und nochmals ein gewonnenes Endspiel.
Aber die liebe Bedenkzeit. Schon die ganze Partie war dadurch geprägt, dass sowohl Oliver Link als auch Victor zuerst viel Zeit in die Züge investierten, um dann in schwere Zeitnot zu geraten. Schon die zwei Stunden / vierzig Züge Kontrolle war nur schwer zu schaffen. Ich meine man sieht auch ein wenig dass die Spieler vor dem vierzigsten Zug schnell gespielt haben. Dann war die Zeitkontrolle geschafft, und beide investierten fröhlich die gewonnene halbe Stunde in wenige Züge, um den letzten Teil der Partie dann in Sekunden zu blitzen. Unerbitterlich näherte sich das Ende. Zuerst fiel die Zeit von Oliver Link – aber Victor merkte es nicht und spielte weiter. Das ging vier Züge lang so, dann fiel auch die Zeit von Victor. Und wenn beide Zeiten gefallen sind ist es Remis. So hat diese extrem umkämpfte Partie nach fünf Stunden ein friedliches Ende gefunden. Also Victor Lamzin – Oliver Link ½ zu ½.
Die Partie ist hier von Victor kommentiert zu sehen.
Ich selbst am zweiten Brett hatte mit Schwarz einen Katalanen auf dem Brett. Ich habe mich recht einfach entwickelt und konnte tatsächlich meine Stellung kontinuierlich verbessern. Mein Gegner war sehr müde, und nach drei Stunden verschlechterte sich sein Spiel. Er gab dann in einer Stellung auf, in der ich noch weiter spielen würde – aber tatsächlich war die Partie wohl für mich schon gewonnen. Also Michael Knaak – Norbert Reimann 0 : 1
Die Partie ist hier von mir kommentiert zu sehen.
Am dritten Brett spielten Shah Hotaki und Jörn Hebel. Sha hat wieder den Grob Angriff (1.g4) gespielt. Aber er ist schwer unter Druck gekommen und konnte sich im Gegensatz zu sonst auch nicht wieder befreien. Er hat in zerissener Bauernstellung lang rochiert, worauf Dame, Türme und Läufer auf seine Königsstellung gerichtet waren. Er ist dann dem gegnerischen Angriff zum Opfer gefallen. Schade. Zwischenzeitlich gab es eine oder zwei Chancen mehr Gegenspiel zu erreichen, aber als Verteidiger darf man sich auch keine kleinen Ungenauigkeiten leisten. Schade. Also Shah Hotaki – Jörn Hebel 0 : 1.
Am vierten Brett spielte Wolfgang Lüdemann gegen Jürgen Nikodem eine ebenfalls sehr interessante Partie Königsgambit. Jürgen fand als Schwarzer am Anfang nicht ganz die richtigen Züge und geriet schwer unter Druck, er musste einen gegnerischen Bauern auf e6 aushalten und hatte wenig koordinierte Figuren. Der Königsflügel sah zeitweise aus als habe jemand aus zehn Zentimeter Höhe die Figuren herabgeworfen. Aber Jürgen hat sich nach der Anfangsphase dann konsequent und gut heraus gearbeitet. Nach Damentausch hat sein Gegner das Läuferpaar aufgegeben. Das war ein schwerer Fehler. Die Stellung kippte. Jürgen gewann Qualität und gab diese dann wieder ab, um ein gewonnenes Endspiel nach Hause zu führen. Also Wolfgang Lüdemann – Jürgen Nikodem 0 : 1.
Die Partie ist hier von mir kommentiert zu sehen.
Jan Bartels am fünften Brett hat souverän gegen Jan Seehagen mit Weiß gewonnen. Grundlage war sein beliebtes Springeropfer auf e6, nach fe fortgesetzt mit De6. Ich bin auch schon auf diese Art gegen Jan untergegangen. Nach erfolgtem Springeropfer war der schwarze König nahezu deckungslos, die weißen Figuren nahezu sämtlich auf den Königsflügel gerichtet, und nach wenigen Zügen war es vorbei. Also Jan Bartels – Jan Seehagen 1 : 0.
Am sechsten Brett hat Bernd Brade auch noch Kelly Liau besiegt, ebenfalls mit einem schönen Königsangriff. Mit Dame, Turm und Springer beharkte er die weiße Königsstellung und gewann dabei entscheidend Material. Also Kelly Liau – Bernd Brade 0 : 1.
Patrick Keane hatte gegen Axel Eichstädt wenige Züge nach der Eröffnung eine absolut ausgeglichene Stellung, in der weder er noch Herr Eichstädt irgendwelche Möglichkeiten zum Sieg gesehen haben. Die Spieler trennten sich daraufhin friedlich. Also Patrick Keane – Axel Eichstädt ½ - ½.
Unser kurzfristiger Ersatz Ralf Töpfer wurde dann am achten Brett gegen Peter Lasch wieder seinem Ruf gerecht, auch in verlorenen Stellungen entscheidende Fehler des Gegners aufzudecken. Nicht umsonst geht der bei uns im Verein gängige Spruch „Musst Du aufpassen“ auf eine Partie von Ralf im Mannschaftskampf gegen Blankenese zurück, bei dem er eine vollständig verlorene Partie mit einem Lucky Punch noch für sich entscheiden konnte. Gegen Peter Lasch war er zwar nicht so glücklich. Aber sowohl Patrick als auch ich – wie auch Herr Lasch – waren bei Betrachten der Stellung der Meinung, dass nach Tb7 die Partie zugunsten von Herrn Lasch entschieden sei. Allerdings stellte sich dann heraus, dass Tb7 einen Figurenverlust für Herrn Lasch bedeutet – und Ralf hat es gesehen. Seine Stellung war allerdings so schlecht, dass es nur zu einem Remis reichte. Also Peter Lasch – Ralf Töpfer ½ : ½.
Die entscheidende Stellung ist hier zu sehen (wobei ich sie aus dem Gedächtnis rekonstruiert habe).
Wir haben jetzt noch die Partie gegen Blankenese III vor uns. Mit dem Aufstieg werden wir auf Grund des Verlustes gegen Pinneberg wohl nichts mehr zu tun haben, mit dem Abstieg auch nichts, also geht es bei der letzten Partie nur noch ums Schach – und so soll es ja auch sein.